Von Stuttgart nach Nischni Nowgorod

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Buch: Drei Jahre an der Wolga

Es hat ein wenig gedauert, aber jetzt ist es geschafft. Aus den über 100 Berichten, die wir in den Jahren 2014 bis 2017 verfasst haben, haben wir ein Buch gemacht. Es umfasst 256 Seiten, hat viele Fotos und ist im BoD-Verlag erschienen.

Drei Jahre an der Wolga – Unser russisches Abenteuer

Jochen Preuss, Rose Ebding

Preis 18, 90 €

ISBN 978-3-7519-7738-8

Kurzbeschreibung:

Meine Frau Rose Ebding und ich lebten drei Jahre in Nischni Nowgorod an der Wolga. Rose Ebding unterrichtete Deutsch an einem russischen Gymnasium, gemeinsam tauchten wir in das russische Leben ein, das wir in diesem Buch beschreiben. Das tägliche Leben, der Schulalltag, die langen Winter, Feste und Reisen, die orthodoxe Kirche und die Altgläubigen sind ebenso Themen wie aktuelle oder vergangene politische Ereignisse, Demonstrationen oder das Gulag-Museum. Natürlich geht es nicht nur um das Land, sondern auch um die Leute, um russische Lebensfreude, Gelassenheit und Gastfreundschaft. So entsteht ein vielseitiges, überraschendes, oft heiteres Russlandbild.

Das Buch ist im Buchhandel oder bei Amazon und demnächst auch als E-Book erhältlich.

Eine Reise in Sibirien

10.Juli 2015

Eine Reise in Sibirien: der Abschluss unseres ersten Russlandjahres. Wir flogen am 12. Juni 2015 von Nischni Nowgorod nach Krasnojarsk und fuhren von dort mit dem Schiff in drei Tagen auf dem Jenissej 1743 Flusskilometer nordwärts bis Igarka. Zurück ging es mit dem Flugzeug nach Krasnojarsk, wo wir in die transsibirische Eisenbahn stiegen, die uns in 19 Stunden nach Irkutsk am Baikalsee brachte. Dort verbrachten wir fünf Tage in der Feriensiedlung „Waldmärchen“ in Polowinnaja. Dann noch zwei Tage in Irkutsk bis zum Heimflug nach Deutschland am 28.06.15.

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Auf dem Jenissej, kurz nach der Abfahrt in Krasnojarsk

Die Fahrt auf dem Jenissej, einem der fünf großen Ströme Sibiriens, war ein überwältigendes Erlebnis, gerade weil – etwas übertrieben – fast nichts geschah. Schon kurz nach der Abfahrt um sieben Uhr morgens in Krasnojarsk zeigte sich das Landschaftsbild der nächsten Tage: Wasser, ein schmaler Uferstreifen aus Sand oder Felsen, grünes Gebüsch und dahinter Wald, Wald, Wald, die Taiga. Ob man zum Essen in den Speisesaal geht oder ein paar Stunden schläft, wenn man wieder auf Deck kommt – unverändert Wasser, Ufer, Gebüsch und Wald. Stundenlang standen wir am Vorderdeck und ließen die leise vorüber gleitende Landschaft in uns eindringen. Die Weite Sibiriens, hier war sie hautnah zu erleben und zu erspüren.

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Auf dem Jenissej, 1500 Flusskilometer weiter nördlich

Am Ufer hin und wieder kleine Dörfer mit den typischen russischen Holzhäuschen, selten Städte. Oder einer der vielen Nebenflüsse des Jenissej. Besonders eindrucksvoll am ersten Abend der Zusammenfluss mit der Angara, die ebenso breit erscheint wie der Jenissej. Der Jenissej wird nach Norden immer mächtiger. Einmal schätzten wir ihn auf zwei Kilometer. Igor, wohl der einzige englisch sprechende Mitreisende, zeigte uns auf seinem GPS, dass wir tatsächlich eine zwei km breite Wasserfläche vor uns sahen, aber das westliche Ufer war nur der Rand einer langen Insel. Dahinter lagen noch weitere Flussarme. Sechs Kilometer breit wälzt sich hier der Fluss träge dem Nordmeer zu.

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Ortschaft am Jenissej

Manchmal fühlten wir uns wie auf einem Ozean ohne Wellengang. Das Schiff glitt ruhig dahin (mit 25 km/h). Die Vorwärtsbewegung war nur an der Bugwelle und am Fahrtwind zu spüren.

Unser Schiff war die „Tschkalow“, 1958 in Wismar gebaut. Alte Pracht, von dem vielen Personal durch häufiges Wischen und Saugen sauber gehalten. Die „Tschkalow“ war nicht touristisch, sondern als Linienschiff eingesetzt. Aufenthalte zu Besichtigungen waren nicht vorgesehen. Wir vier Deutschen – ab Krasnojarsk waren Clemens und Hermann, zwei Männer aus dem Emsland dabei – und vielleicht eine Handvoll Russen waren die einzigen Touristen. Alle anderen Passagiere benutzten das Schiff nur als Mittel um von einem Ort zum anderen zu gelangen. Unsere deutschsprechende Reiseführerin Marina fuhr zum ersten Mal in den hohen Norden. Sie sagte mir, „dahin fahren nur Leute, die das müssen und Touristen“, wobei der Ton ahnen ließ, was sie dabei dachte.

Bei den wenigen, nur einige Minuten langen Stopps konnte man an Land auf kleinen Märkten Lebensmittel wie Gemüse, Käse, Fisch, Brot kaufen. Davon machten viele Mitreisende Gebrauch, die sich in den Kabinen selbst versorgten. Wir aßen jedoch in einem der beiden Restaurants – mit nur wenigen anderen Gästen zusammen. Das Essen war gut, man konnte tags zuvor aus drei Speisen wählen. Allerdings war dann das Servieren ungewöhnlich. Ob der Salat gegessen war oder noch nicht, die Suppe wurde gnadenlos auf den Tisch gestellt und beim Hauptgericht war es ähnlich. Da war noch der Geist der Sowjetzeit zu spüren. Manchmal gewannen wir auch den Kampf gegen den ständig laufenden Fernseher, der am liebsten auf große Lautstärke eingestellt war.

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Markt am Haltepunkt Jartzewo (Яарцево)

Wir stiegen bei den Halts natürlich auch aus, selbst wenn es nur ein paar Minuten waren. Wir genossen es, uns mal an Land bewegen, die Siedlungen ansehen und fotografieren zu können. Rose kaufte Charius-Kaviar, der von einem im Jenissej lebenden Fisch stammt. Mit Butter, Brot und Wodka schmeckte er uns sehr gut, weil er frisch und nicht stark gesalzen war.

Am zweiten Abend hielten wir in Bor, einem kleinen Ort, der auf einem Steilufer liegt. Dort hinauf führte eine nach Regen feuchte Treppe, auf der die Mücken des Ortes offensichtlich nur auf uns lauerten. Wir flohen in die Kabine zurück und warteten dort, bis wir wieder auf mückenfreier „hoher See“ waren. An Bord mussten wir uns allerdings manchmal riesiger Pferdefliegen erwehren.

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Ausstieg auf „hoher See“ bei Weretschagino (верещагино)

Bei einigen Halts legte das Schiff nicht an Land an, sondern stoppte im Fluss und das Ein-und Aussteigen und die Postübergabe wurden mit kleinen Booten bewältigt. Babys wurden den Eltern über eine Leiter herunter gereicht, dann folgten weitere Kinder. Große Pakete und Säcke, ein Fahrrad und, so schien es, ein verpacktes IKEA – Möbelstück landeten in den Booten. Neue Passagiere stiegen die Leiter empor an Bord, darunter auch ein gehbehinderter Mann.

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Clemens, Rose, die Reisebegleiterin Marina, Jochen, Hermann vor dem Denkmal eines Fischers in Turuchansk (Туруханск)

Igarka (67,33° nördlicher Breite), das Ziel unserer Reise, erreichten wir am Donnerstagmorgen. In der Nacht hatten wir den Polarkreis überschritten. Beim Anlegen gab es ein Problem: aus irgendeinem Grund hatte sich das Anlegehaus verschoben, sodass es die Verbindung zum Landesteg verloren hatte. Ein Schleppmotorschiff versuchte, es wieder zu positionieren, was offensichtlich nur halb gelang, denn als wir dann an Land gingen, mussten wir über ein schmales Brett balancieren und dann über einen steilen Hang zur richtigen Treppe laufen. Da es in der Nacht geregnet hatte, war der Boden rutschig und wir waren froh, dass uns die beiden deutschen Reisegenossen halfen, unser schweres Gepäck an Land zu bringen.

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Igarka, hinter den beiden Häusern das Hotel Sapoljari

Ein Robert Robertowitsch Nachtigal, Nachfahre deutscher Siedler, die unter Stalin nach Kasachstan deportiert worden waren und später nach Igarka übersiedelten,  brachte uns mit seinem Wagen in die Stadt. Die war fast ein Schock für uns. Riesige Plattenbauten aus der Stalinzeit, große ungepflegte Flächen zwischen den Häusern mit Asphaltresten, Sand und Pfützen hinterließen einen kalten, abweisenden Eindruck. Dazwischen immer mal Reste von verlassenen Industrieanlagen, rostende Eisenbehälter, Rohre, Stahlseile und herrenlose Hunde. Igarka war bis zur Wende eine Stadt der Holzindustrie. Jetzt verfällt sie, die Einwohnerzahl ist von 30000 auf 7000 gesunken, es können auch nur 5000 sein. Viele der riesigen Häuser stehen leer.

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Igarka

Dieser betrübliche Eindruck wurde von dem 24stündigen warmen Sonnenschein (wir befanden uns hier zwei Tage vor der Sommersonnenwende einen Breitengrad nördlich des Polarkreises) und außerhalb der Stadt von überraschend vielen grünen Bäumen und Sträuchern gemildert, die zwischen den Ruinen wucherten. Unerwartet waren für uns die bunten Wiesen, auf denen viele unserer Frühlingsblumen üppig blühten. Der Winter hatte hier erst vor vier Wochen aufgehört, es waren noch Schneereste zu finden.

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Auch das ist Irgarka: üppige Blumenwiesen

Ein interessantes Erlebnis war der Besuch des Permafrostmuseums, wo wir – wohl geschützt durch dicke Daunenjacken – zehn Meter tief in den gefrorenen Boden hinabstiegen. Das Museum war früher eine wissenschaftliche Forschungsstation.

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Permafrost Boden in 4,5 m Tiefe, Erde (braun) mit Eis (schwarz)

Nicht besichtigen konnten wir das noch geschlossene Museum der Stalinbahn, des Projektes 503. Stalin wollte eine Polar-Bahnlinie vom Jenissej an den Ob bauen, was wegen der klimatischen und geologischen Verhältnisse scheiterte und nach Stalins Tod aufgegeben wurde. Zu den Arbeiten wurden Häftlinge eingesetzt, von denen Zehntausende starben. Der Gedanke an Verbannung und Gulag war ein ständiger Begleiter auf dieser Fahrt. In den Wäldern, die jetzt so friedlich dalagen, waren die Lager der Gulags versteckt, Orte des Grauens für viele Tausende Menschen. In der Nähe von Igarka in der Siedlung Ermakowo war das Zentrum der für den Bau der Eisenbahn eingerichteten Gulags. Stalin war von 1914 bis 1916 in das Dorf Kurejka verbannt. Das für ihn dort aufgestellte Denkmal wurde schon 1961 von den Einwohnern in den Jenissej geworfen.

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Lebensmittelladen in Igarka

In Igarka fanden wir gepflegte Lebensmittelgeschäfte und eine in dieser Umgebung auffallend moderne Bankfiliale. Abendessen gab es gut und schmackhaft nach mittäglicher Vorbestellung in der Bar Dionys, dem einzigen Restaurant des Ortes. Die einfache Ausstattung erinnerte noch sehr an die Vergangenheit. Das einzige Hotel Sapoljari konnte seine Herkunft aus sowjetischen Zeiten ebenfalls nicht verbergen, spartanisch und abgewohnt, aber sauber und ruhig. Da es wegen des Permafrostbodens keine Brunnen gibt, muss mit Wasser sparsam umgegangen werden.

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Auf dem Flug von Igarka nach Krasnojarsk entlang des Jenissej sieht man die vielen Seen in der Taiga

Der zweite Teil der Reise führte an den „Baikal“, wie die Russen sagen. Er empfing uns mit Dunst und mit sehr vielen Touristen in Listwjanka, wo wir geräucherten Omul, einen wohlschmeckenden Baikalfisch, aßen. Am nächsten Tag brachte uns ein kleines Motorboot in einer mehr als einstündigen Fahrt auf dem See in das Örtchen Polowinnaja. Es liegt am Westufer des Baikals und ist ein Haltepunkt der alten Transsib bei km 110. Wegen des Baus des Angara-Stausees bei Irkutsk wurde die Hauptstrecke ins Landesinnere verlegt und jetzt verkehrt hier nur noch eine Lokalbahn „Motanja“ und gelegentlich ein historischer Touristenzug.

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Ankunft am Strand von Polowinnaja

In Polowinnaja hat eine Familie aus Irkutsk ein kleines Paradies aufgebaut, es nennt sich „Лесная Сказка“ (Waldmärchen): auf einer Wiese in einem Tal, etwa 400 Meter vom See entfernt gelegen, ein Haupthaus und einige Blockhäuschen aus Lärchenstämmen. (www.skazka38.ru)

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Haupthaus im „Waldmärchen“ in Polowinaja am Baikalsee

Betrieben wird es von Raja und Wowa, die in den Sommermonaten hier sind und den Winter in Irkutsk verbringen. Es liegt in einem Naturschutzgebiet. Verpflegt wird man überwiegend mit Produkten aus dem eigenen Garten, von der Köchin Nadja geschmackvoll zubereitet. Wir waren die ersten zwei Tage mit einer deutsch-österreichischen Gruppe zusammen, mit denen wir eine der beiden möglichen Wanderungen auf den Schienen der Baikalbahn, leider bei Regen, machten, 8 km nach rechts ins nächste Dorf „Маритуй“ Marituj. Die andere Wandermöglichkeit führt auf den Schienen nach links durch den mit 800 Meter längsten Tunnel dieser Bahnstrecke. Das geringe Tempo der Züge erlaubt es, gefahrlos auf den Gleisen zu laufen. Erstens hört man den Zug mit den lauten Dieselloks herannahen, zweitens pfeift die Lok laut, wenn Menschen auf den Schienen sind, sodass man genügend Zeit hat, zur Seite zu gehen.

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Nachdem uns die Reisegruppe verlassen hatte, blieben wir als die einzigen Gäste zurück. Bange fragten wir uns, was wir in den nächsten drei Tagen tun sollten. Aber, wie es im Paradies so ist, bald hatte uns die sprichwörtliche paradiesische Ruhe ergriffen, und wir genossen die Stille, die Sauna im Wald an einem romantischen Bach, mit Wowa auf dem See, von Baikal-Robben (der einzigen in Süßwasser lebenden Robbenart) beäugt. Einmal wanderten wir durch den Tunnel nach links zu einem Badestrand, wegen des kalten Wassers trotz des strahlenden Sonnenscheins ohne zu baden.

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Am Strand in der Nähe von Polowinnaja. In der hintersten Bucht lagern Geräte zur Neutrinomessung.Sie werden im Winter vom Eis aus 1500 m tief in den See gelassen.

An einem Nachmittag stoppte der Touristenzug „Zarengold“ (Peking – Moskau) in Polowinnaja am Haltepunkt 110 km. Zahllose Bedienstete bauten in Windeseile Picknick-Buffets auf, Biergarnituren wurden aufgestellt und Getränke und Speisen aller Art angeboten. Luxus pur!

Verlassen haben wir diesen wunderbaren Ort am Freitagmorgen gegen fünf Uhr mit der Baikalbahn Motanja, die nur alle zwei Tage fährt. Für die 65 km nach Sludjanka braucht sie drei Stunden, sie schleicht langsam auf der kurvenreichen Strecke direkt am Ufer des Baikalsees. Leider regnete es, und die Sicht auf das gegenüber liegende, 38 km entfernte Ufer war getrübt..

In Sludjanka stiegen wir um in die Transsib. Dazu mussten wir auf den Bahnsteig 2, indem wir, wie alle anderen, einfach zwei Gleise überquerten und nicht den weiten offiziellen Weg über die Treppe nahmen. Bei der Transsib gibt es nur Liegewagen und wir fanden in unserem Abteil eine für uns sehr gewöhnungsbedürftige Situation vor. Auf einer der vier Liegen schlief eine Frau tief und fest, ein junger Mann, der gerade aufgestanden war, räumte sein Bettzeug von unseren Plätzen und ging Zähne putzen. Als er zurückkam, zog er sich ruhig an, er ließ sich weder durch die Enge noch durch uns stören. Der Vater der schlafenden Frau gehörte eigentlich nicht in unser Abteil, saß aber dennoch auf der Bank und lächelte uns mit einem Mund voller Goldzähne an. Das war ein Erlebnis der besonderen Art. Bei unseren bisherigen Fahrten hatten wir immer ein ganzes Abteil gekauft und so waren uns derartige Erfahrungen entgangen.

Die beiden von uns besuchten sibirischen Großstädte Krasnojarsk (900000 Ew.) und Irkutsk (600000 Ew.) zeigten sich modern und lebendig. In Krasnojarsk fielen uns vor allem die großen Wohnhäuser aus der Sowjetzeit auf, wobei es für die Stalin-, Chruschtschow- und Breschnew-Zeit unterschiedliche Stile gibt. Von den alten russischen Holzhäusern stehen nur noch wenige. Eindrucksvoll war für uns eine Wanderung im Naturschutzgebiet „Bobrowij Log“ (Бобровый Лог) mit Roses Kollegin Anke, deren Einsatzort Krasnojarsk ist. Es grenzt direkt an die Stadt. Мit einem Vierersessellift der Firma Doppelmayr gelangten wir rasch auf die etwa 100 Meter hohen Kämme des Sajangebirges.

In Irkutsk interessierten uns besonders die Häuser der Dekabristen, die nach dem gescheiterten Aufstand von 1825 zunächst zu Zwangsarbeit verurteilt und dann nach hier verbannt wurden. Sie hatten immerhin Gelegenheit, Häuser zu bauen und mit ihren Familien standesgemäß zu leben. Als „Verbannte Adlige“ wurden sie zu wichtigen Kulturträgern. Die Holzhäuser von Wolkonski und Trubetzkoy sind heute prachtvoll ausgestaltete Museen, in denen man sehen kann, wie reiche Adlige im 19. Jahrhundert lebten. In Irkutsk dominieren große repräsentative Steinhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert das Straßenbild. Die Stadt machte einen großzügigen, sauberen Eindruck.

Auf dem großen Platz vor dem Denkmal Alexander III. an der Angara Promenade spielte nachmittags eine Blaskapelle und viele Leute tanzten spontan. Es klang alles eher bayrisch als russisch – kein Wunder in einer Stadt, in der es ein Bierhaus gibt mit einem Türsteher in bayrischer Tracht. (Bierhaus steht dort tatsächlich in altdeutscher Schrift, russisch Пиво Ресторан).

Es gäbe noch viele Bilder zu zeigen und viele Erlebnisse zu schildern – auch kleinere Beobachtungen, die einen schmunzeln lassen. So z. B. der Werbeslogan „Nüchterne Fahrer“ eines Taxiunternehmens in Irkutsk, oder eine Liste in dem Hotel in Krasnojarsk, in der aufgezählt wird, was man zu zahlen hat, wenn man Schäden anrichtet oder eine Strafandrohung für Rauchen im Zimmer, der zwei Zigaretten beiliegen. Oder der Blütenschnee von den vielen Pappeln, der weiße Teppiche auf die Bürgersteige legte……

Bemerkenswert ist die auch hier in Sibirien geringer werdende Zahl westlicher Touristen. Raja, die Wirtin des Waldmärchens sagte, dass sie für dieses Jahr viel weniger Anmeldungen aus Deutschland habe als noch letztes Jahr. Sie bedauert dies, denn „wir sind uns doch kulturell nahe“. Und wir bedauern das auch, denn Russland, Sibirien, der Baikalsee und insbesondere das Waldmärchen in Polowinnaja sind eine Reise wert.

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Raja mit Ernte

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Trubetzkoy Villa in Irkutsk

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Erlöser-Kirche in Irkutsk